Ein Modellprojekt aus Nastätten
Wussten Sie, dass das Citymobil der Stadt Nastätten der älteste Bürgerbus in Rheinland-Pfalz ist?
Als Bürgerbus Nr. 1 im Land führt die Agentur Landmobil (www.buergerbus-rlp.de) zwar das Bürgermobil im pfälzischen Freinsheim, der im Juli 1996 in Betrieb genommen wurde. Ein kostenloser Fahrdienst für ältere Bürger in das Innenstädtchen mit seinen Läden, Ärzten und Apotheken wurde in Nastätten aber bereits im Februar 1995 auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und des damaligen Stadtbürgermeisters Karl Peter Bruch als Modellprojekt gestartet. 5.000 Mark Starthilfe stifte die Naspa. Der erste Bus wurde über eine Agentur mit Werbefeldern von Gewerbetreibenden finanziert. Bei der Vorstellung des Seniorenbusses war laut Pressebericht vom 15.02.1995 der gesamte Stadtrat anwesend. Vom Postparkplatz aus verlief die erste Route über die Wilhelm-Nesen-Straße in die Schulstraße. Alternativ konnte man sich über den Johannisgraben in die Paul-Spindler-Straße fahren lassen.
Als für das Haushaltsjahr 1997 wegen des Schuldenstandes bei allen freiwilligen Leistungen der Rotstift angesetzt werden musste, machte der Stadtrat aufgrund der Fürsprache aus der Bevölkerung eine Ausnahme. Der Seniorenbus war unantastbar. In der Rhein-Zeitung vom 12.12.1996 bat Stadtbürgermeister Bruch um Spenden. Wie der weiteren Berichterstattung zu entnehmen ist, war die Bereitschaft hierzu hoch. Allein die Seniorenstube der AWO engagierte sich damals mit 1.500 Mark.
Maßgeblich dafür, dass das Angebot dauerhaft aufrechterhalten werden konnte, war der Gewerbeverein Nastätten, der im September 2000 sowie im Januar 2012 ein neues Fahrzeug bei den Autohäusern in Nastätten erwarb. Dieses Mal sollte es jedoch nicht über eine Agentur laufen. Der Gewerbeverein selbst sprach die Gewerbetreibenden in und um Nastätten an, Werbeflächen zu erwerben. Die beiden Fahrzeige wurden dann unentgeltlich der Stadt Nastätten für lokale Zwecke am Ort oder für Gemeinden der Verbandsgemeinde überlassen. Für die Dauer der Überlassung musste die Stadt Nastätten lediglich für die laufenden Kosten und das Fahrpersonal aufkommen, die wiederum durch zahlreiche auch regelmäßiges Spenden von Institutionen und Privatleuten finanziert wurden. Ein richtiges Herzensprojekt der Nastätter*innen, für das sich einige von uns mit viel Herzblut sogar persönlich eingesetzt haben.
Gesellschaftliche Teilhabe von Senioren ist ein wichtiges Anliegen, das uns alle – früher oder etwas später – persönlich betrifft. Schön, dass der VfL Nastätten unter der Leitung von Meike Hagelstein im August 2020 eine „Rollator-Fit Gruppe“ etabliert hat. Dabei geht es um eine fröhliche Stunde in Gemeinschaft bei Sport, Spaß und Spiel für Körper und Geist. Und natürlich hilft das Citymobil auf Wunsch dabei, die VfL Halle samt Rollator zu erreichen. Eine tolle Sache! Oder ein anderes Beispiel: Senioren kommen während der Corona-Pandemie 2020/21 nicht zum Impfzentrum. Dazu hat Stadtbürgermeister Marco Ludwig kurzerhand die Unterstützung mit dem Citymobil angeboten und mittlerweile einigen Nastätter*innen geholfen. Ganz zu schweigen von den mittlerweile täglichen Fahrten zum Einkauf, die vielen eine große Hilfe sind oder den Fahrten für die Kindertagesstätte, wenn diese ihre Waldtage haben.
Der Seniorenbus ist ein richtiges Stück Nastätter Zeitgeschichte. Allen, die sich während der Projektphase 1995/96 und in den vergangenen für das Citymobil engagiert haben, gilt es zu danken und dem bereits verstorbenen Protagonisten Wim von Eicken, der langjährig Vorsitzender der AWO Nastätten war, an dieser Stelle zu gedenken. Ihre Tatkraft wirkt bis heute. Vielerorts wird aktuell über solch eine Lösung gesprochen – ob Citybus, Bürgerbus o.ä. Karl Peter Bruch gilt der Dank, dies vor nunmehr einem viertel Jahrhundert umgesetzt zu haben.
Auf viele weitere Jahre mit dieser Institution!